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Porträtaufnahme von Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht/Asset Management © BaFin/Matthias Sandmann

Erscheinung:14.02.2024 | Thema Investmentfonds, Nachhaltigkeit „Wir brauchen Transparenz, und zwar dauerhaft“

(BaFinJournal) Viele Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) bewerten das zurzeit verfügbare Angebot an Nachhaltigkeitsdaten und -Ratings kritisch. Das zeigt eine aktuelle Studie der BaFin. Im Interview mit dem BaFinJournal erläutert Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht / Asset-Management, warum aussagekräftige Nachhaltigkeitsdaten für grüne Investments wichtig sind und auf welche Aspekte KVGen im Umgang mit Daten und Ratings achten sollten.

Herr Dr. Pötzsch, sind deutsche Publikumsfonds wirklich grün?

Bei neuen Publikumsfonds, die einen Nachhaltigkeitsbezug im Namen haben oder die als explizit nachhaltig vertrieben werden, sind wir sehr streng. Wir genehmigen sie nämlich nur dann, wenn der Fonds mindestens zu 75 Prozent nachhaltige Vermögensgegenstände enthält. Oder wenn er zu mindestens 75 Prozent eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt. Das ist ein Thema, das wir sehr ernst nehmen, und das wir auch auf europäischer Ebene sehr eng begleiten. Die ESMA1 arbeitet gerade an Leitlinien zu Fondsnamen. Daran arbeiten wir intensiv mit.

Doch nicht nur der Name zählt. Worauf kommt es noch an?

Wir brauchen Transparenz, und zwar dauerhaft. Dazu haben wir verpflichtende Regeln in Europa. Wer seine Produkte mit ökologischen oder sozialen Merkmalen bewirbt oder damit eine nachhaltige Investition anstrebt, muss immer wieder bestimmte Informationen offenlegen. Zum Beispiel muss transparent gemacht werden, inwieweit die entsprechenden Nachhaltigkeitsziele erreicht wurden. Am Ende ist doch klar: Wir können Greenwashing nicht akzeptieren. Ein Produkt darf nicht als nachhaltiger angepriesen werden, als es in Wirklichkeit ist. Das sage ich nicht nur mit Blick auf die einzelnen Investoren und Anlegerinnen oder Anleger. Greenwashing ist ein Risiko für die Transformation unserer Wirtschaft. Im Übrigen wird dieses Risiko durch die unübersichtliche und stark fragmentierte Regulierung im Bereich ESG noch verstärkt. Die Anwendung der neuen Regelungen ist für Marktteilnehmer nicht trivial. Wir brauchen hier ein klares, eindeutiges und vor allem überschaubares Regelwerk.

Asset-Manager brauchen aussagekräftige ESG-Daten2 und –Ratings zu den Unternehmen, in die sie investieren wollen. Nur dann können sie selbst Transparenz schaffen. Viele Asset-Manager sind mit dem verfügbaren Angebot unzufrieden. Zu Recht?

Ja. Bei den verfügbaren ESG-Daten und -Ratings gibt es noch große Defizite. Ganz wichtig finde ich auch hier mehr Transparenz. Die Daten- und Rating-Anbieter sollten besser erklären, wie sie zu ihren Bewertungen kommen, welche Datenquellen sie verwenden und wie sie vorgehen, wenn ihnen bestimmte ESG-Daten fehlen. Mittel- bis langfristig dürfte das geplante europäische Datenportal ESAP3 in weiten Teilen Abhilfe schaffen. Unternehmen sollen darüber unter anderem ihre Nachhaltigkeitsdaten in standardisierter Form zur Verfügung stellen, sodass alle Nutzerinnen und Nutzer darauf zugreifen können. In einem Verordnungsentwurf zu ESG-Ratings adressiert die EU-Kommission außerdem einige der Probleme, wir auch in unserer Studie benennen. Darin geht es zum Beispiel um die Verbesserung der Qualität und Integrität von ESG-Ratings, um Transparenz in Sachen Methodik oder um die Vermeidung von Interessenskonflikten. Ich finde, das sind gute und richtige Schritte.

Wie sollten KVGen und Asset-Manager mit den aktuell verfügbaren ESG-Daten und -Ratings umgehen?

Am wichtigsten ist: nichts unreflektiert übernehmen. Sie müssen verstehen, was ESG-Daten und -Ratings darstellen – und was nicht. Hier gibt es ja noch keinen festen Marktstandard. KVGen und Asset-Manager müssen also sehr genau hinschauen: Was bilden die Daten eines externen Anbieters eigentlich ab? Welche Methoden nutzt er? Unsere Studie zeigt, dass die meisten befragten KVGen das bereits machen. Das ist gut. Aber die Art und Weise und der Umfang solcher Prüfungen unterscheiden sich sehr. Deshalb werden wir auf europäischer Ebene abwägen müssen, ob wir für die Erhebung und den Umgang mit ESG-Daten und -Ratings für die KVGen einen Mindeststandard brauchen.

  1. 1 Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority).
  2. 2 ESG-Daten sind Daten aus den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) oder Unternehmensführung (Governance).
  3. 3 ESAP steht für European Single Acccess Point.

Die vollständige BaFin-Marktstudie steht hier zur Verfügung.

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